Das Freilichtmuseum zur Keltenzeit in Schwarzenbach
Im 2. Jh.v. Chr. entstand in Schwarzenbach in der Buckligen Welt eine der größten stadtartigen Ansiedlungen des Ostalpenraumes. Hier wohnten keltische Adelige, Händler und auch Handwerker und Bauern produzierten hier Gegenstände des täglichen Bedarfs, aber auch Schmuck, Waffen und Werkzeuge aus Bronze oder dem Eisen der nicht weit entfernten Oberpullendorfer Bucht.
Befestigte stadtartige Siedlungen der Kelten wie in Schwarzenbach werden als Oppidum bezeichnet. Das von Schwarzenbach weist eine Innenfläche von etwa 15 ha und war an allen Seiten von einer bis zu 10 m hohen Stadtmauer geschützt, die heute noch gut als verstürzte Wallanlage im Gelände erkennbar ist.
Seit mehr als 10 Jahren führt die Universität Wien in Schwarzenbach archäologische Ausgrabungen unter der Leitung von Dr. Wolfgang Neubauer vom VIAS-Vienna Institute for Archaeological Science durch, wobei neben der prähistorischen Befestigungsanlage auch mehrere Gebäudestrukturen von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden untersucht wurden.
Die Ergebnisse der Grabungen konnten in den Jahren 2002-2006 dazu genutzt werden, einen Teil der keltischen Siedlung wieder zum Leben zu erwecken. Mit Methoden der experimentellen Archäologie wurden die Grabungsergebnisse zum rekonstruierten Wiederaufbau eines Teiles der keltischen Stadt verwendet, der einen Einblick in das Leben in der Wallanlage vor über 2000 Jahren bietet.
Rekonstruierte Häuser lassen sehr viel über ihre Bewohner und deren Wirtschaftsweise, sozialen Status und Broterwerb erahnen und geben so einen umfassenden Eindruck von den Lebensumständen und vom Kulturniveau ihrer Zeit. Gerade deshalb ist es sehr wichtig, daß bei der Planung und Errichtung von derartigen Anlagen hohe wissenschaftliche Maßstäbe angelegt werden.
Das Freilichtmuseum soll Einblicke in das Alltagsleben der eisenzeitlichen Bevölkerung im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. vermitteln, wobei neben der Architektur der Gebäude die wirtschaftlichen Grundlagen der Menschen dieser Zeit und das Handwerk in einer keltischen Stadt im Vordergrund stehen sollen.
Das Freilichtgelände am Burgberg in Schwarzenbach besteht aus sechs Gebäuden, sowie aus mehreren anderen rekonstruierten Objekten wie Garten- und Zaunanlagen. Diese erlauben dem Besucher Einblicke in mehrere Teilaspekte des keltischen Lebensalltags, die Haus- u. Stallbereiche, Handwerksbereiche, sowie Objekte für ökonomische Grundlagen umfassen. Originalgetreue Nachbildungen von Gegenständen und Gerätschaften vermitteln einen Eindruck von den Wohn- und Arbeitsverhältnissen, soweit diese aus der Archäologie bekannt und argumentierbar sind.
Ein Rundgang durch das Freilichtmuseum
Das Freilichtgelände am Burgberg in Schwarzenbach besteht aus sieben Gebäuden und zahlreichen weiteren rekonstruierten Objekten wie Garten-, und Zaunanlagen. Diese erlauben dem Besucher den keltischen Lebensalltag selbst zu erfahren. Bisher wurden ein Handwerkerhaus in Pfostenbautechnik mit Riegelwänden aus Eichenholz, ein Speicherbau mit Blockwänden auf Schwellbalken in Fichte, eine Töpferhütte auf Pfosten, sowie ein großes Wohnhaus in Ständerbautechnik mit Riegelwänden aus Nadelholz errichtet. Die Innenausstattung der Häuser mit Vorrats- und Kochbehältern, weiterem Hausrat und Werkzeug der späten Eisenzeit, soll das Alltagsleben dieser Zeit lebendig illustrieren.
Soweit sich uns die archäologischen Quellen erschließen, dürfen wir davon ausgehen, dass am Burgberg ein Großteil der langrechteckigen Wohnbauten auf Schwellbalken im Aufgehenden entweder als Ständerbau mit Riegelhölzern oder als Blockbau errichtet wurden. Vor allem die Längsseiten der Gebäude sind mit bis zu 12 m jedoch zu lang, um sie mit durchgehenden Balken auszuführen. Aus diesem Grund hat man mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Blockbauvarianten mit Ständerbauelementen versehen. Dadurch konnten erstens Türbereiche unkompliziert eingebaut werden, aber auch wesentlich kürzere Bauelemente in der Blockbaukonstruktion eingesetzt werden, wodurch wiederum das zur Verfügung stehende Bauholz wesentlich besser ausgenützt werden konnte. Die Mischbauweise aus Ständer- und Blockbau auf Schwellenunterlage ist aus der eisenzeitlichen Gewerbesiedlung am Dürrnberg bei Hallein mehrfach überliefert( vergl. Lobisser 2005).
Auch aus dem volkskundlichen Milieu sind Hauskonstruktionen bekannt, bei denen einzelne Hausbereiche in unterschiedlichen Techniken ausgeführt wurden. Meist wurden diese einzelnen Hausbereiche nachweislich auch auf unterschiedliche Art und Weise genützt. Aus diesem Zusammenhang ist vor allem die Kombination von Wohn- und Stallbereich oder von Wohn- und Werkstattbereich unter einem Dach bekannt.
Keltisches Wohnhaus 1
Das rekonstruierte Wohnhaus in Ständerbauweise zeigt vor Ort die entwickeltste Form des Holzbaus, die wir uns in der spätkeltischen Zeit vorstellen dürfen. Die archäologischen Vorbilder für dieses Objekt stammen in erster Linie aus Schwarzenbach und vom Ramsautal am Dürrnberg bei Hallein, wo sich maßgebliche Teile einer ähnlichen Holzkonstruktion erhalten konnten. Vom Burgberg in Schwarzenbach ist dieser langrechteckige Bautyp mehrfach überliefert. Kennzeichnend ist, dass es sich in allen Fällen um Schwellbalkenkonstruktionen handelte, die unterkellert sein konnten.
Bei diesem Gebäude haben wir den Großteil der Konstruktionshölzer umseitig mit Lappendechseln aus Roheisen flächig zugerichtet. Den Schwellbalkenkranz von etwa 6,5 auf 10,5 m bilden im Querschnitt rechteckige Bauhölzer, die an den Ecken mit Stemmbeiteln halbseitig überblattet gearbeitet wurden. Drei Ankerbalken stabilisieren das Fundament im Mittelbereich. In diesen Schwellbalkenkranz wurden nun in regelmäßigen Abständen zwölf an ihren Enden mit Zapfen versehene Ständer in Zapfenlöchern eingelassen. An den vier Hausecken werden diese durch jeweils zwei schräge Fußstreben unverrückbar in Position gehalten, die sowohl in die Schwellbalken, als auch in die Ständer eingelassen und mit Holznägeln gesichert sind.
Andererseits ist dies auch die einzige Methode, eine stabile Wandkonstruktion zu erhalten, wenn auf dem Schwellbalkenkranz kein Blockbau sitzt. An ihren oberen Enden wurden die Ständerbalken ebenfalls mit Zapfen versehen und in die Fußpfetten der Dachkonstruktion bzw. an den Stirnseiten in die Binderbalken der Unterrähmkonstruktion eingelassen. Dadurch erhielten wir eine verwindungsstabile tragende Unterkonstruktion für den Dachstuhl.
Das gesamte Gebiet der Freilichtanlage wurde durch einen Zaun eingegrenzt. Dabei haben wir versucht eine Zaunkonstruktion zu wählen, die einerseits auch in keltischer Zeit bekannt gewesen sein könnte und deren Anlage andererseits nach Möglichkeit keinerlei Störungen des unter Denkmalschutz stehenden Areals erforderte.
Unsere Wahl fiel auf einen sog. Stangen- oder Bänderzaun, der in volkskundlichem Milieu vor allem dort eingesetzt wurde, wo der Untergrund kaum tiefere Eingriffe möglich machte, wie z. B. auf Almböden. Die senkrechten Elemente dieser Zaunkonstruktion bestanden aus leicht gebogenen Ästen von starken Fichten oder Tannen mit Durchmessern bis zu 8 cm an den dickeren unteren Enden. Diese wurden unten angespitzt und paarweise im Abstand von etwa 20 cm einige Zentimeter in den Boden gesteckt, so dass die beiden Wölbungen zueinander gerichtet waren. Diese Paare sind etwa im Abstand von 1 m aufgestellt worden.
Die querliegenden Elemente bestanden aus relativ langem Stangenholz von Fichten und Tannen mit Durchmessern bis zu etwa 12 cm an den Wurzelenden. Die Stangen wurden umseitig an mehreren Stellen mit einem Ziehmesser streifenweise entrindet, damit sie vor allem in Bodennähe nicht absticken können. Nun wurden die Stangen schräg zwischen die Astpaare eingelegt. Zwischen den Stangen wurden diese Paare mit Bindungen aus harzreichen Fichtenästen mit Durchmessern bis zu 3 cm versehen. Insgesamt drei Bindungen pro Paar, zwischen denen jeweils zwei bis drei Stangenlagen eingebracht wurden. Die Äste wurden für diesen Zweck vorher auf einem Glutbett erwärmt bis sich die Rinde dunkel verfärbte. Dadurch erhitzte sich das Harz in den Zellen und die Fasern der Äste konnten in sich verdreht werden. Insgesamt gibt es vier Eingangstore in das Freilichtgelände, von denen drei aus Sicherheitsgründen auch mit Fahrzeugen passiert werden können. Die Tore bestehen aus Wendebohlenkonstruktionen aus Rundstämmen mit eingeflochtenem Astwerk.
Die Befestigungsanlage
In Schwarzenbach in der Buckligen Welt legten die Kelten im 2. Jh.v. Chr. eine der größten stadtartigen Ansiedlungen des Ostalpenraumes an. Es ist anzunehmen, daß die Bewohner Adelige und Händler, aber auch Handwerker und Bauern waren. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden hier auch die ausgeschmolzenen Eisenerze der Oberpullendorfer Bucht weiterverarbeitet und verhandelt. Das Oppidum von Schwarzenbach weist eine Innenfläche von etwa 15 ha auf und war an allen Seiten von einer bis zu 10 m hohen Stadtmauer geschützt.
Diese Stadtmauer ist heute noch gut als verstürzte Wallanlage im Gelände erkennbar. Die Konstruktion derselben bestand aus einer massiven Reihe von blockbauartig zusammengefügten Holzkästen, die mit Erd- und Steinmaterial verfüllt wurden. An der Außenseite wurden mächtige Eichenstämme mit Abständen von etwa 150 cm aufgestellt, die man an ihrer Unterseite bis zu 2 m tief im Boden verankert hatte. Den Zwischenraum bildeten Steinlagen in Trockenmauertechnik, an die oben eine Brustwehr aus Holz anschloß.
Die Experimentelle Archäologie ist wie kaum eine andere wissenschaftliche Methode geeignet, archäologische Interpretationen von Grabungsbefunden in der Praxis zu erproben. Gerade in den letzten Jahrzehnten spielen dabei Rekonstruktionen von Baubefunden eine immens wichtige Rolle, um ein möglichst vollständiges Bild vergangener Epochen zeichnen zu können. In diesem Sinne verstehen wir die Rekonstruktion von urgeschichtlichen Objekten als wichtigen Bestandteil der wissenschaftlichen Forschung.
Archäologische Freilichtmuseen erlebten in den letzten Jahren europaweit einen Boom, dessen Ende sich zur Zeit noch nicht absehen läßt, ein Trend, der besonders für die Archäologie eine große Herausforderung darstellt. In archäologischen Freilichtanlagen finden wir eine zeitgemäße Form der Wissensvermittlung. Rekonstruierte Häuser lassen sehr viel über ihre Bewohner und deren Wirtschaftsweise, sozialen Status und Broterwerb erahnen und geben so einen umfassenden Eindruck von den Lebensumständen und vom Kulturniveau ihrer Zeit.